Samstag, 10. September 2016

Des Kaisers neue Kleider

Es geschah zu einer Zeit,
als ein Kaiser allein herrschte.

Der Kaiser war sehr eitel auf sich und seinen Hof bedacht
und es interessiert ihn nicht,
was sein Volk dachte, wie sein Volk lebte.
Er hielt sein Volk zwar mit Versprechungen bei Laune,
aber alles, was wirklich nötig war
für Sicherheit und Wohlstand im Land
wurde nach und nach heimlich abgeschafft.

Dem Kaiser kam zu Ohren,
dass Leute aus fernem Land ungehindert
die Grenze überschritten hatten.
Er schickte Untergebene
um zu fragen, was die Leute im Land wollen.

Die Leute gaben sich als Fachkräfte aus,
die auf der Suche nach Arbeit sind.
Und sie könnten dem Kaiser etwas geben,
was dessen Volk nicht könnte.

Das gefiel dem Kaiser,
könnte er ja vor anderen Kaisern glänzen,
wenn er etwas hat, was andere nicht haben!

Die Leute wollten für ihre Arbeit vorher schon viele Dinge,
die sehr preisintensiv waren.
Sie brauchten eine schöne Bleibe,
sie brauchten ausgewählte Nahrung,
sie brauchten Maschinen für ihre einzigartige Arbeit,
sie brauchten Material, um auf den Maschinen zu werkeln.

Alles wurde herbeigeschafft,
der Kaiser wollte ja unbedingt das, was andere nicht haben
und alle guten Dinge wurde den Leuten übergeben,
ohne dass sie dafür etwas bezahlen mussten.

Dem Volk kam das zu Ohren
und sie bekundeten, dass sie damit nicht einverstanden sind,
schließlich haben sie ja so viel gearbeitet,
damit der Kaiser gut leben kann
und sie wollen auch gut leben:
aber der Minister beschimpfte sie,
sie hätten ja schon genug und dürften im Land leben.
Sie sollen weiterarbeiten, damit Geld für den Kaiser rein käme,
schließlich sind sie ja nur das "Pack".

Die Leute aus dem fernen Land
gaben an, für den Kaiser wunderschöne
neue Bekleidung herzustellen,
Kleider, die der Kaiser noch nie gesehen hätte.
Das fand der Kaiser gut.

Nach einigen Tagen wollte der Kaiser wissen,
ob die Arbeit gelingt
und schickte einen Minister zum nachsehen.

Der konnte nix sehen -
die Webstühle standen leer und das Garn war verschwunden
und die Leute sagten ihm, dass er dumm sei,
wenn er nichts sehen könnte.
Und das wollte der Minister natürlich nicht, dumm sein.
Also tat er so, als würde er die schönsten Stoffe sehen
und er berichtete dem Kaiser:
Alles wäre wunderbar!

Also bekamen die Leute nun Nähmaschinen
für die weitere Arbeit.

Der Minister sagte dem Kaiser wieder nicht,
dass er nicht wisse,
was da vor sich gehe,
aus Angst, er wäre dumm,
weil ihm das die Leute eingeredet hatten ...

Er erklärte dem Kaiser,
dass die hergestellten Sachen so speziell sind
und man diese Besonderheit nur erkennen kann,
wenn man nicht dumm ist,

Dann kam der lang ersehnte Tag,
an dem dem Kaiser mitgeteilt wurde,
seine Kleider wären fertig.

Der Kaiser wollte sich seine neuen Kleider ansehen
und sah

Nichts!

Da er sich nicht die Blöße geben wollte,
einzusehen, dass er falschen Versprechungen aufgesessen war,
und von den Leuten aus dem fernen Land
nicht als DUMM bezeichnet werden wollte
spielte er mit und tat so,
als würde er die schönste Bekleidung tragen
und zeigte sich seinem Volk auf einer großen Kundgebung ... nackt.

Das Volk war sprachlos, verwirrt.
Es konnte nicht fassen, was es sehen musste.
Aus Respekt vor dem Kaiser
wagte niemand ihn auf seine Blöße anzusprechen,
zumal ja der Minister vorab schon dem Volk kundgab,
dass es zu dumm sei, um zu sehen,
was letztendlich für das Volk richtig gut wäre:
Denn ein glücklicher Kaiser gibt was vom Glück ab ...
für das Volk.

Ein kleines Kind rief aus der Menge:
"Aber er ist ja nackt!"

Nun, was dann geschah, ist leider nicht überliefert.
Man kann nur spekulieren, was dann passierte
mit dem Kind ...
mit dem Kaiser, dem Minister, dem Volk,
den Leuten aus dem fremden Land.



Und bald, liebe Kinder, erzähle ich Euch ein anderes Märchen ...

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